Dieses Reisetagebuch beschreibt einen Strafprozess im Lockdown aus Sicht eines Berliner Strafverteidigers.
Mal eine lustige Hauptverhandlung. Ein Reisetagebuch in mehreren Teilen: Teil 1, Teil 2, Teil 3 , Teil 4 und Teil 5 sowie Teil 6 und Teil 7gab es schon. Heute nun Teil 8 meines Reisetagebuches.
Inzwischen sind wir, wenn ich mich nicht völlig verrechnet habe, in unserem Wirtschaftsstrafprozess beim 31. Hauptverhandlungstag.
Manchmal sind die Termine lang und manchmal kurz. Manchmal lang- und manchmal kurzweilig. Manchmal sind sie interessant und man kann echt etwas dazulernen und manchmal sind sie so uninteressant, dass man aufpassen muss, nicht einzuschlafen.
Heute war mal ein Termin, der lustig war.
Die Bande
Den Angeklagten wird u.a. bandenmäßiger Betrug vorgeworfen. Mit Erstaunen schauen dann Zeugen auf die aktuelle Anklagebank und sehen nur zwei Angeklagte und wundern sich, dass da nicht mehr sitzen.
So auch der Zeuge heute. Geladen war ein Makler aus Wuppertal, der dem Gericht etwas über die von ihm vor Jahren angebotenen Immobilien erzählen sollte.
Nachdem das Gericht und der Staatsanwalt Fragen gestellt hatten, war die Riege der Verteidiger mit der Befragung des Zeugen an der Reihe. Inzwischen hatte es sich etwas eingebürgert, dass ich der erste der fragenden Verteidiger bin. Ich wollte gerade mit der ersten Frage ansetzen, als mich der Zeuge fragte, wer ich denn sei.
Normalerweise haben die Zeugen im Gerichtssaal keine Frage zu stellen, aber diese Frage war völlig berechtigt. So stellte ich mich und gleich meinen Kollegen und unseren Mandanten, den von uns verteidigten Angeklagten vor.
Darauf meinte er noch, er würde gern wissen, was unserem Mandanten denn vorgeworfen würde. Auch diese Frage war ich noch bereit, dem Zeugen zu beantworten und sagte höflich, dass ihm bandenmäßiger Betrug vorgeworfen werde. Darauf schaute mich der Zeuge erstaunt an und meinte: Wo ist denn die Bande?
Wir Verteidiger darauf: Das wissen wir auch nicht!
Da hakte dann doch der Vorsitzende Richter ein und meinte mit verschmitztem Lächeln: „Ja dann sind wohl wir das“ und schaute nach links und rechts zu seinen beisitzenden Richtern der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichtes Düsseldorf.
Damit waren alle Verteidiger einverstanden.
Wie man sehen kann, mag es auch mal nicht so trocken und auch schon mal lustig im Gerichtssaal zugehen.