Rechtsfolgen bei fehlender Schweigepflichtsentbindung

Der Verwertungswiederspruch der Strafverteidigung führt zum Verwertungsverbot bei fehlender Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht. Rechtsanwälte, Strafverteidiger, Strafrecht, Wirtschaftsstrafrecht, Medizinstrafrecht, Steuerstrafrecht, Ermittlungsverfahren, Hausdurchsuchung, Gerichtsprozess, Vernehmung, Berlin
Rechtsanwalt Oliver Marson

Gegenstand dieses Artikels ist das sogenannte Verwertungsverbot, wenn keine oder nur eine unwirksame Schweigepflichtentbindung vorliegt. Bekanntlich unterliegt der Arzt einer umfassenden Schweigepflicht hinsichtlich aller Tatsachen, die ihm der Patient im Rahmen der Behandlung anvertraut und hat diese daher grundsätzlich geheim zu halten. Nähere Ausführungen dazu finden Sie hier.

Verwertungsverbot bei Verletzung der Schweigepflicht

Werden im gerichtlichen Strafprozess ärztliche Atteste als Urkunden (Beweismittel) in die Beweisaufnahme gemäß § 256 (1) Nr.2 StPO eingeführt, ohne dass der Patient den behandelnden Arzt von der ihm obliegenden Schweigepflicht entbunden hat, werden wir als Ihre Rechtsanwälte der Verwertung als Beweismittel gemäß § 257 StPO widersprechen. Der Widerspruch wird vom Strafverteidiger unverzüglich nach der Verlesung erhoben. Der Verwertungswiderspruch gehört zu den Rechten, die der Angeklagte im Strafprozess hat und über seinen Strafverteidiger ausübt. Der Rügeverlust tritt unweigerlich ein, wenn der Widerspruch nicht unverzüglich angebracht wird. (BGHSt 38,214; OLG Hamm, StV 2009, 459). Das ist vor allem für die Revision von Bedeutung.

Die Aussage eines Arztes, der trotz fehlender Entbindungserklärung eine Aussage macht, weil ihm fehlerhaft vom Gericht mitgeteilt wurde, er sei von seiner Schweigepflicht entbunden, unterliegt einem Verwertungsverbot (Art.6 Abs.1 EMRK; § 53 Abs.1 Nr.3 StPO; § 261 StPO;    BGH vom 7.3.1996 – 4 StR 737/95 – ).

Anders, wenn der Patient seine Entbindungserklärung nachträglich widerrufen hat. Nach bisheriger Auffassung des BGH greift die Vorschrift des § 252 StPO nicht, wenn der Arzt auf Grund vorliegender wirksamer Entbindungserklärung eine Aussage gegenüber der Polizei bzw. dem Ermittlungsrichter macht und der Patient nachträglich die Entbindungserklärung widerruft (BGH vom 20.12.2011, – 1 StR 547/11 – ). In diesem Fall kann die Vernehmungsperson verwertbare Angaben zum Inhalt der Vernehmung in der Hauptverhandlung tätigen.

Weitergehende Informationen zu den Rechten der Beschuldigten und Angeklagten

Einen einführenden Artikel zu den Rechten der Angeklagten im Gerichtsverfahren finden Sie hier. Weitere Informationen zur Teilnahme am Gerichtsprozess und zum Ausbleiben von der Gerichtsverhandlung, zur Beweiserhebung, den Beweismitteln und dem Fragerecht, zur Fragestellung Aussage-gegen-Aussage, zum Verbot der Beweiserhebung und der richterlichen Befangenheit finden Sie auf den folgenden Unterseiten.