Fachanwalt für Strafrecht, Warenkreditbetrug
Rechtsanwalt Oliver Marson

Hintergrund der Korruptionsregelungen

Der Auslöser für die neuen Korruptionsregelungen war der Beschluss des Großen Strafsenats beim BGH vom 29.3.2012. Darin wurde festgestellt, dass ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei der Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben nicht als Amtsträger i.S.d. § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB und auch nicht als Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen i.S.d. § 299 StGB handele. Daher, so der BGH weiter, sei er auch nicht wegen Bestechlichkeit strafbar.

Er hatte sich also nicht strafbar gemacht, obwohl ihm eine als Referentenhonorar bezeichnete Provision auf die von ihm getätigten Verordnungsumsätze von einem Pharmaunternehmen gezahlt wurden.

Öffentliche Diskussion

Das führte zu einer breiten Diskussion in der Öffentlichkeit. Und letztlich reagierte der Bundestag mit den nun verabschiedeten Korruptionsregelungen, die die Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen unter Strafe stellen. Betroffen sind nicht nur Ärzte, sondern auch alle übrigen Angehörigen von Heilberufen, die sich im Sinne des Gesetzes der Bestechlichkeit schuldig machen können. Es handelt sich also nicht um ein beschränktes „Ärztestrafrecht“.

Neuregelungen betreffen auch Mitarbeiter der Pharmaindustrie

Von den Korruptionsregelungen sind auch Mitarbeiter der Unternehmen, vor allem die der Pharmarindustrie, betroffen. Denn sie sind die Normadressaten des § 299 b StGB, die sich unter bestimmten Voraussetzungen wegen Bestechung strafbar machen.

Neuregelungen führen auch zu Rechtsunsicherheit

Mit den Korruptionsregelungen sind die strafbaren Sachverhalte zwar nun klar festzustellen. Dennoch bleiben ungelöste Rechtsprobleme im Raum.

Denn Angestellte in einem Krankenhaus oder MVZ konnten sich auch schon vor den Neuregelungen strafbar machen (§ 299 StGB). Nun aber tritt für Ärzte in Krankenhäusern und in MVZ die Strafbarkeit nach § 299a und 299b StGB neben diejenige nach § 299 StGB.  Da sich die Tatbestandsinhalte teilweise überschneiden, kann nun auch eine Tateinheit zwischen den vorgenannten Normen vorliegen.

Die neuen Korruptionsregelungen führen automatisch zu der ausufernden Annahme, dass in allen Kooperationen zwischen Krankenhäusern korrupte Ärzte und andere korrupte Angehörige von Heilberufen am Werk sind.

Die rechtlichen Unsicherheiten sind nicht zu unterschätzen. Mathias Wallhäuser schreibt dazu in einem Aufsatz:

„… eher geht es darum, der Unterschätzung von Gefahren vorzubeugen. Was bisher „noch immer gut gegangen ist“, was „alle so machen“, wird zukünftig nicht mehr ohne kritische Betrachtung bleiben dürfen. Sicher ist der Umgang mit rechtlichen Risiken weder dem Entscheider im Krankenhaus und MVZ noch dem Rechtsberater unbekannt.

Allerdings macht gerade die hier behandelte gesetzliche Neuregelung – die Bedrohung durchaus gängigen unternehmerischen Handelns mit strafrechtlicher Sanktionierung – deutlich, dass die Nutzung rechtlicher Spielräume durch den Rechtsanwender im Unternehmen und seinen rechtlichen Berater für den strafrechtlichen Ermittler ggf. bereits eine Grenzverletzung darstellen kann.

Hinzu kommt, dass die Zeitpunkte der Betrachtung – durch den Rechtsanwender einerseits und durch den Kontrolleur andererseits – in der Regel auseinanderfallen. Häufig basiert die sinnvolle und bisweilen notwendige unternehmerische „Grenzentscheidung“ auf einer zu ihrem Zeitpunkt – wenngleich ggf. streitigen, nichtsdestoweniger tragfähigen – Rechtsansicht, deren strafrechtliche Bedeutung später aber – etwa infolge höchstrichterlicher Rechtsprechung z.B. des BSG – in ihr Gegenteil umschlagen kann.“

Einen einführenden Beitrag zu den Neuregelungen finden Sie auf dieser Seite. Auf unserer Webseite werden wir Probleme, die sich aus den neuen Korruptionsregelungen ergeben, behandeln. Dabei versuchen wir auch auf Risiken hinzuweisen. Derzeit (Stand November 2016) gibt es noch keine Rechtsprechung, die – hoffentlich – mehr Sicherheit schaffen wird. Weitere Ausführungen finden sich auch hier.

Wer sich konkret wegen Bestechlichkeit strafbar machen kann, können Sie hier nachlesen.