Die Täteridentifikation an Hand von Foto- und Videoaufnahmen
Vielfach stehen den Ermittlungsbehörden von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten Bild- und Videoaufnahmen zur Verfügung, die eine Täteridentifikation zulassen. Mit zunehmender Verbreitung von Überwachungskameras und Smartphones im öffentlichen Raum, stehen Polizei und Staatsanwaltschaft vielfach Bild- und Tonaufnahmen zur Identifikation des Täters zur Verfügung.
Ohne Vergleichsmaterial, also Bildaufnahmen von Personen die als Täter in Betracht kommen, stehen vermehrt Identifikationsprogramme zur Verfügung, die bei ausreichender Qualität der Tataufnahme eine Auswahl von in Betracht kommenden Personen aus einer Vielzahl von digitalen Aufnahmen herausfiltern können. Grundvoraussetzung ist jedoch hierbei eine ausreichende Mindestqualität der Tataufnahmen. Ist diese nicht gegeben, sind auch die besten Programme nicht in der Lage, verwertbare Ergebnisse zu liefern.
Eine andere Möglichkeit der Täterermittlung durch die Auswertung von Aufnahmen der Straftat ist dann gegeben, wenn ein oder mehrere Vergleichsfotos von Tatverdächtigen vorliegen. In diesem Fall kann an Hand des vorliegenden Vergleichsmaterials eine Identifikation möglich sein.
Polizeibehörden, Staatsanwaltschaften und Gerichten stehen hierfür speziell geschulte Sachverständige zur Verfügung. I.d.R. handelt es sich hierbei um Biologen oder Anthropologen, welche sich auf die Gesichtserkennung spezialisiert haben und profunde Kenntnisse der menschlichen Morphologie und spezielle Kenntnis der Grundlagen der Identifikation besitzen.
Diese Fachleute meinen an Hand des Vergleiches zwischen den von den Ermittlungsbehörden zur Verfügung gestellten Täterfotos und Fotos, beispielsweise von Tatverdächtigen die im Rahmen von erkennungsdienstlichen Behandlungen gefertigt wurden, eine sichere Identifikationsaussage treffen zu können.
Diesen Spezialisten stehen hierfür verschiedene Methoden zur Verfügung.
Allen gemein ist, dass an Hand dieser Aufnahmen bestimmte Gesichtsmerkmale ermittelt, ein Vergleich angestellt wird, und anschließend daraus eine Wahrscheinlichkeitsaussage der Identität getroffen wird.
Die Fachwelt hat hierfür Wahrscheinlichkeitsstufen entwickelt. Eine weit verbreitete Systematik sieht folgendermaßen aus:
Identität praktisch erwiesen
Identität höchst wahrscheinlich
Identität sehr wahrscheinlich
Identität wahrscheinlich
Identität nicht entscheidbar
Nichtidentität wahrscheinlich
Nichtidentität sehr wahrscheinlich
Nichtidentität höchst wahrscheinlich
Nichtidentität praktisch erwiesen.
Danach gibt es insgesamt 9 Wahrscheinlichkeitsstufen. Es sind in der Praxis auch kürzere Skalen denkbar. Für die Verteidigung ist entscheidend mit welcher Bandbreite von Wahrscheinlichkeitsstufen der Gutachter arbeitet, um so sein Ergebnis einzuordnen und den Grad der Wahrscheinlichkeit beurteilen zu können.
Die Beurteilung der Aussage- und Beweiskraft eines solchen Identifikationsgutachtens obliegt letztendlich dem Gericht. Dieses muss beurteilen, welcher Grad an Wahrscheinlichkeit für eine sichere Identifikation ausreichend, aber auch notwendig ist. Nach dem Grundsatz in dubio pro reo (im Zweifel für den Angeklagten) darf das Gericht keine Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten bzw. Angeklagten haben, so dass auch eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Verurteilung nicht ausreichend sein dürfte.