Fachanwalt für Strafrecht
Rechtsanwalt Oliver Marson

Endlich Freispruch am Amtsgericht Tiergarten

Es ging um Betrug und Untreue, konkret in den Jahren  2010/2011. Da verkaufte mein Mandant eine GmbH. Mit der hatte er bis dahin international legal über Jahre hinweg agiert und einträchtige Geschäfte gemacht. Das änderte sich mit der weltweiten Finanzkrise 2008/2009. Das Geschäftsfeld ging in die Brüche. Also entschloss er sich zum Verkauf. Auf eine Annonce meldete sich eine Frau X, im Schlepptau hatte sie ihren Lebensgefährten, den polizeibekannten Herrn Y und gleich noch die bis dahin unbeschriebene, blutjunge Tochter Z.

Der vermeintlich kriminelle Notar

Schnell wurde man sich über den Kauf einig. Meinem Mandanten wurde mitgeteilt, dass das zukünftige Geschäftsfeld die Autovermietung werden würde. Während Mutter X und Lebensgefährte Y Gesellschafter wurden, sollte Tochter Z Geschäftsführerin werden. Sie war immerhin bei einer Autovermietung tätig und brachte angeblich das know-how mit. Der Vertrag war schnell aufgesetzt, die Anwälte meines späteren Mandanten prüften ihn und gaben grünes Licht für die Beurkundung. Darin war natürlich auch die Abberufung der bisherigen Geschäftsführer und die Neubestellung der Z als Geschäftsführerin vorgesehen. So sei es auch bei dem Notar, den „Familie XYZ“ empfahl, verlesen worden. Das beschwört mein Mandant bis heute. Irgendwann wurde dann auch der beurkundete Vertrag vom Notar übersandt, nicht mehr gelesen und zu den Akten genommen. Erst Monate später fiel dem Steuerberater des Mandanten auf, dass in dem Vertrag nichts vom Wechsel der Geschäftsführer vermerkt war. Ein Anruf beim Notar, mit dem mein Mandant ihn zur Rede stellte, endete damit, dass dieser ihm verbat, ihm kriminelle Machenschaften zu unterstellen. Das hatte mein Mandant gar nicht zum Ausdruck gebracht. Heute wissen wir, dass der Notar inzwischen kein Notar mehr ist, weil ihm nach einer strafrechtlichen Verurteilung die Zulassung entzogen worden war.

Das kriminelle Geschäftsmodell der „Familie XYZ“

Was Familie XYZ gesucht und in der GmbH meines Mandanten gefunden hatte war eine solvente und kreditwürdige Firma. Die Schufa-Auskünfte bei den Banken, bei denen man Kredite für hochwertige PKWs beantragte, waren negativ. Dann schlug man zu. Geleast wurden mindestens 8 superhochwertige Fahrzeuge . Die Leasingraten blieben aus, die Verträge wurden gekündigt, die Fahrzeuge waren verschwunden oder tauchten im kriminellen Milieu in Belgien oder Marokko Jahre später wieder auf. Die Verträge waren teilweise vom Geschäftsführer (mein Mandant) unterzeichnet. Und seine Unterschrift war natürlich gefälscht.

Eine 4 Jahre lang taube Berliner Staatsanwaltschaft verhalf zum Freisprich

Vor ca. 4 Jahren hatte ich den Fall übernommen. Der Mandant wandte sich an mich, nachdem ihm die Polizei bei der Durchsuchung der Geschäftsräume und Privaträume übel mitgespielt hatte. Über das Auftreten der Beamten ist er bis heute nicht hinweg. Man warf ihm bandenmäßigen Betrug und Untreue vor. Nach dem ich mich durch die fast 5000 Seiten Ermittlungsakten durchgearbeitet hatte, stand fest, es muss nicht zu einem Freispruch nach einer gerichtlichen Hauptverhandlung kommen. Die Sache wäre auch mit einer schlichten Einstellung gem. § 170 Abs.2 StPO zu erledigen gewesen. Ich stellte Anträge bei der Staatsanwaltschaft. Ich bot eine Beschuldigtenvernehmung meines Mandanten an. Warum Freispruch nach Verhandlung, wenn es auch einfacher geht? Alles das stieß auf taube Ohren. 15 Aktenvermerke zieren meine Handakte über Gespräche mit dem Staatsanwalt. Irgendwann hatte ich ihn auch ohne Beschuldigtenvernehmung überzeugt. Er war bereit, das Verfahren einzustellen. Dann kam Monate später zu meiner Verblüffung die Anklage, mit der meinem Mandanten und Frau Z  Betrug und Untreue vorgeworfen wurde. Hintergrund des „Sinneswandels“ war ein schlichter Wechsel in der Zuständigkeit des Staatsanwalts. Es vergingen wieder 2 Jahre, bis die Sache nun am Amtsgericht Tiergarten verhandelt wurde. Das Verfahren endete am 11. März 2016 mit dem angestrebten Freispruch. Daneben sprach das Gericht meinem Mandanten eine Entschädigung wegen der Hausdurchsuchung zu. Aber mein Mandant ist nicht nachtragend: machte die Staatsanwaltschaft doch den Weg zum Freispruch frei. Lachen kann er dennoch nicht.