Coronazuschuss, Fachanwalt für Strafrecht
Rechtsanwalt Oliver Marson

Coronazuschuss: Im Jahre 2020 konnten Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern einen steuer- und sozialversicherungsfreien Zuschuss von bis zu 1.500 EUR zahlen. Was hat nun dieser Coronazuschuss und ein zweckgebundenes Darlehen gemeinsam?

Untreu verhält sich, wer auf Grund eines Treueverhältnisses fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen hat und missbraucht oder verletzt.

Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (§266 I StGB)

Unterfälle der Untreue sind das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) und der Scheck- und Kreditkartenmissbrauch gemäß § 266b StGB.

Coronazuschuss 2020

Arbeitgeber konnten ihren Beschäftigten Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1.500 Euro steuerfrei zwischen dem 1. März 2020 und dem 31. Dezember 2020 auszahlen oder als Sachleistungen gewähren.  Voraussetzung war, dass die Beihilfen und Unterstützungen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet werden. Andere Steuerbefreiungen und Bewertungserleichterungen blieben hiervon unberührt. Diese  Beihilfe blieb auch in der Sozialversicherung beitragsfrei.

Die Grünen und der Coronazuschuss

Zum Jahreswechsel wartete der Bundesvorstand der Grünen mit der Überraschung auf, dass er sich aus der Parteikasse auch selbst diesen Coronazuschuss von 1.500 EUR extra auszahlte. Der Bundesvostand hatte also nicht nur beschlossen, den steuerfreien Coronzuschuss an seine Mitarbeiter, sondern auch an alle Mitglieder des Bundesvorstandes selbst auszuzahlen. Dies begründet den Anfangsverdacht einer Untreue, so die Berliner Staatsanwaltschaft und eröffnete ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachtes der Untreue.

Die Staatsanwaltschaft Berlin führt ein Ermittlungsverfahren gegen die Mitglieder des Bundesvorstands der Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ wegen des Anfangsverdachts der Untreue. Gegenstand des Verfahrens ist die Bewilligung eines „Corona-Bonus“ durch die Mitglieder des Bundesvorstands an sich selbst im Jahr 2020. Dem Verfahren liegen mehrere Strafanzeigen von Privatpersonen zugrunde, die sich auf die Medienberichterstattung über einen Bericht der Rechnungsprüfer der Partei bezogen, wonach die Bewilligung gegen „interne Regelungen“ verstoßen habe.  (Pressemitteilung vom 20.01.22)

Da hier ausdrücklich auf parteiinterne Regelungen Bezug genommen wird, ist fraglich, ob das Verhalten des Bundesvorstandes der Grünen tatsächlich den Tatbestand der Untreue erfüllt. Vermutlich wird hier die Staatsanwaltschaft aus eher sachfremden Erwägungen Milde walten lassen. Nach dem Motto: Die Großen lässt man laufen und die Kleinen werden gehängt.

Das zweckgebundene Darlehen

Hat sich der Darlehensnehmer Untreu im Sinne von § 266 StGB verhalten, wenn er die Darlehenssumme nicht entsprechend der Darlehensvereinbarung zweckgerecht verwendet?

Das OLG Naumburg meint möglich, aber nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen.

Auch in diesem entschiedenen Fall ging es um eine Subvention. Diesmal um einen Zuschuss aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ und einer Investitionszulage. Der Darlehensnehmer hatte sich im Darlehensvertrag gegenüber der Bank verpflichtet, die vom Finanzamt erhaltene Investitionszulage zur Tilgung des Darlehens zu verwenden. An diese zusätzliche Vereinbarung hielt sich der Darlehensnehmer nicht und verwendete die Investitionszulage für andere Zwecke. Eine Untreue liegt dennoch nicht vor, weil der Darlehensnehmer gegenüber dem Darlehensgeber grundsätzlich nicht treupflichtig ist. Der Darlehensnehmer handelt nicht im fremden, sondern im eigenen Interesse. Über den Mitteleinsatz entscheidet der Darlehensnehmer, selbst für die er ein zeitlich befristetes Kapitalnutzungsrecht erhalten hat. Untreue kann eine zweckwidrige Verwendung der Mittel nur dann sein, wenn der Darlehensvertrag Elemente einer Geschäftsbesorgung aufweist und dadurch fremdnützige Vermögensinteressen den wesentlichen Inhalt des Darlehensvertrages ausmachen. Allgemeine schuldrechtliche Verpflichtungen im Darlehensvertrag begründen jedoch keine Vermögensbetreuungspflichten (OLG Naumburg, Beschluß vom 19.10.21- 1 Rv 152/21 -, StraFo 22, 36). Damit ist allerdings noch nichts dazu gesagt, ob sich der Darlehensnehmer nicht des Betruges schuldig gemacht haben könnte.