Sexueller Missbrauch unter Ausnutzung des Behandlungsverhältnisses
Es ist nichts Neues und gerade deshalb immer wieder erstaunlich, dass es sich noch immer nicht bei allen Ärzten, Physiotherapeuten und Heilpraktikern herumgesprochen hat:
Sex mit Patienten im Rahmen der Behandlung ist auch dann strafbar, wenn dieser im gegenseitigen Einvernehmen stattfindet.
Sexueller Missbrauch durch Heilpraktiker unter Ausnutzung des Behandlungsverhältnisses
Ein Heilpraktiker hatte sich vor dem Amtsgericht Tiergarten wegen Verstoß gegen § 174c StGB zu verantworten und wurde zu einer auf Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe verurteilt. Seine Berufung wurde verworfen. Die Revision zum Kammergericht blieb ohne Erfolg.Der Heilpraktiker hatte über einen langen Zeitraum eine Patientin mit Akupunktur behandelt. Es waren Dutzende von Sitzungen, jeweils 30 Minuten und – weil man sich lange kannte – für einen Freundschaftspreis von 10 € statt der üblichen 40 €. Gelegentlich massierte der Heilpraktiker die Patientin nach der Akupunktur auch, er sah das aber lediglich als Freundschaftsdienst und nicht als Bestandteil der Behandlung an. Nach der letzten Akupunktur bot er seiner Bekannten wieder eine Massagen an, die sie auch annahm. Die verlief dann aber anders als die anderen massagen. Es kam zu eindeutigen sexuellen Handlungen des Heilpraktikers an der Patientin, die über mehrere Minuten andauerten und mit ihrem Orgasmus endeten. Sie widersprach während der Massage dem Geschehen nicht und es geschah wohl in ihrem Einverständnis. Aber Tage später erstattete sie dann Strafanzeige gegen den Heilpraktiker.
Sexueller Missbrauch – Verteidigung des Heilpraktikers
Der Heilpraktiker verteidigte sich aus seiner Sicht – die eines juristischen Laien – durchaus nachvollziehbar. Er räumte die ihm vorgeworfenen Handlungen unumwunden ein. Er stellte sich dann auf den Standpunkt, die Massage habe nicht zur Behandlung gehört, so dass die sexuellen Handlungen außerhalb des Behandlungsverhältnisses gelegen hätten und daher §174c StGB nicht greife.
Das Kammergericht – Sexueller Missbrauch unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses
Dieser Rechtsargumentation schob letztlich auch das Kammergericht Berlin in seinem ausgeführten Beschluss einen eindeutigen Riegel vor. Der Beschluss enthält zwar Tatsachenbehauptungen, die nicht festgestellt wurden. So wird dort unrichtig behauptet, der Heilpraktiker habe der Patientin zwei zusätzliche Nadeln gesetzt, die ihm die sexuellen Handlungen erst möglich machten oder sie unterstützten. Das hat keine Tatsacheninstanz jemals festgestellt, geschweige denn wurde das in den vorangegangenen Urteilen behauptet. Auch die Behauptung des Revisionsgerichts, das sei alles gegen den Willen der Patientin erfolgt, ist mehr als fragwürdig. Sei es drum: die restriktive Gesetzgebung zu § 174c StGB wird konsequent angewendet wie man an der Entscheidung des Kammerichts entnehmen kann.
Sexueller Missbrauch – gefährlicher Vorwurf gegen Ärzte, Physiotherapeuten und Heilpraktiker
Die Regelung des § 174c StGB mag restriktiv sein. Sie ist auch in Teilen umstritten, gerade wenn es um einvernehmliche sexuelle Handlungen geht. Aber alle Ärzte, Physiotherapeuten und Heilpraktiker sollten wissen, wie sie sich gerade unter Berücksichtigung der Rechtslage verhalten sollten. Mehr Hinweise dazu finden sich auch hier.
Sehr gehrter Herr Dost-Roxin,
auf Ihrer Seite „Sexueller Missbrauch – Arzt und Patient – Behandlungsverhältnis“ schreiben Sie:
„Es ist nichts Neues und gerade deshalb immer wieder erstaunlich, dass es sich noch immer nicht bei allen Ärzten, Physiotherapeuten und Heilpraktikern herumgesprochen hat:
Sex mit Patienten im Rahmen der Behandlung ist auch dann strafbar, wenn dieser im gegenseitigen Einvernehmen stattfindet.“
Vermutlich meinen Sie aber nicht Physio- sondern Psychotherapeuten.
Es wäre sicherlich aber auch sinnvoll etwas über Physiotherapeuten und andere Heilhilfsberufe zu schreiben denn auch hier gibt es Übergriffe.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Thorwart
PP, Psychoanalytiker
http://www.ethikverein.de