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Aussenwirtschaftsgesetz - Verstoss gegen Embargovorschriften

Aussenwirtschaftsgesetz Fachanwalt für Strafrecht
Rechtsanwalt Oliver Marson

Aussenwirtschaftsgesetz: Meinem Mandanten wurde die illegale Einfuhr eines schwarzen Diamanten vorgeworfen. Über einen indischen Edelsteinhändler wurde ein sog. Carbonado nach Deutschland eingeführt, ohne im Besitz eines Kimberley-Zertifikates zu sein. Carbonados werden vornehmlich in Afrika und Südamerika gefunden und sind schwarze hochfeste Grafitsteine, die in Folge von Sternexplosionen enstehen und durch Asteroideneinschläge auf die Erde gelangen. Sie sind relativ unansehnlich und eignen sich daher nicht als Schmuckstein, wie herkömmliche Diamanten. Sie sind jedoch bei Steinesammlern begehrt.

Nach § 18 Abs. 3 Aussenwirtschaftsgesetz (AWG) macht sich strafbar, wer gegen die Verordnung (EG) Nr. 2368/2002 des Rates vom 20. Dezember 2002 zur Umsetzung des Zertifikationssystems des Kimberley-Prozesses für den internationalen Handel mit Rohdiamanten (ABl. L 358 vom 31.12.2002, S. 28), die zuletzt durch die Durchführungsverordnung (EU) 2020/2149 vom 9. Dezember 2020 (ABl. L 428 vom 18.12.2020, S. 38) geändert worden ist, verstößt, indem er entgegen Artikel 3 Rohdiamanten einführt.

Was mein Mandant und offensichtlich auch der indische Edelsteinhändler nicht wussten, war der Umstand, dass auch schwarze Diamanten, die eigentlich nichts mit den Blutdiamanten aus Krisen- und Unruhegegenden dieser Welt zu tun haben, auch unter das Kimberley - Abkommen fallen.

Bei einer Kontrolle des Zolls am Leipziger Flughafen wurde dieser, von meinem Mandanten bestellte Stein sichergestellt und ein Ermittlungsverfahren wegen des Verstoßes gegen das Aussenwirtschaftsgesetz eingeleitet.

Objektiv lag tatsächlich ein Verstoß gegen die sog. Kimberley-Abkommen vor, weil nach der Definition, was ein Diamant bzw. Rohdiamant im Sinne der VERORDNUNG (EG) Nr. 2368/2002 DES RATES vom 20. Dezember 2002 zur Umsetzung des Zertifikationssystems des Kimberley-Prozesses für den internationalen Handel mit Rohdiamanten ist, auch Carbonados natürliche Diamanten sind. Da es sich jedoch bei diesem Mineralienstein nicht um einen klassischen Diamanten handelte und er auch ein Zertifikat bekommen hätte, war meinem Mandanten Vorsatz nicht nachweisbar.

Auf meinen Antrag hin stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren nach § 170 II StPO ein und überließ dem Zoll die Möglichkeit der Verfolgung als Ordnungswidrigkeit.

Einen Überblick zum Zollstraf- und -ordnungswidrigkeitsrecht finden Sie hier.

Verhaltensempfehlungen bei Zoll- und Steuervergehen können Sie hier nachlesen.

 


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Unbefugte Verwendung von Daten - Computerbetrug - Freispruch

unbefugte Verwendung von Daten, Fachanwalt für Strafrecht
Rechtsanwalt Oliver Marson

Unbefugte Verwendung von Daten in Form des Computerbetruges warf die Staatsanwaltschaft Potsdam meinem Mandanten vor. Er soll, so die Anklage, am 15.02.2021 bei einem Onlinehändler ein teures Tablet bestellt und mit einem PayPal-Konto eines fremden Dritten bezahlt haben.

Der Kaufpreis für das angeblich von meinem Mandanten bestellte Tablet wurde tatsächlich von dem fremden PayPal-Konto abgebucht und die Ware an die Wohnanschrift meines Mandanten geliefert. Das Tablet hatte mein Mandant jedoch weder bestellt, noch tatsächlich erhalten. Offensichtlich hatte jemand unter Verwendung seines Namens und seiner Wohnanschrift beim Onlinehändler bestellt und dort ein gehacktes PayPal-Konto zur Bezahlung angegeben und die Lieferung vor der Haustür meines Mandanten abgefangen. Erst durch ein Anhörungsschreiben der Polizei erfuhr mein Mandant von diesem Sachverhalt.

Der Inhaber des PayPal-Kontos hatte Anzeige erstattet, worauf die Potsdamer Staatsanwaltschaft wegen des Verdachtes des Computerbetruges in Form der unbefugten Verwendung von Daten ein Ermittlungsverfahren eröffnete. Nach Abschluss der Ermittlungen erhob die Staatsanwaltschaft am 15.09.2021 Anklage wegen Computerbetrug gemäß § 263a Abs.1StGB.

Der Tatbestand

Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er das Ergebnis eines Datenverarbeitungsvorgangs durch unrichtige Gestaltung des Programms, durch Verwendung unrichtiger oder unvollständiger Daten, durch unbefugte Verwendung von Daten oder sonst durch unbefugte Einwirkung auf den Ablauf beeinflusst, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Die Anklage

Zum Beweis hatte die Staatsanwaltschaft den Sendungsverlauf des Paketdienstes, die Bestellübersicht des Onlinehändlers und die Übersicht des PayPal-Kontos des Geschädigten in der Anklageschrift angegeben. Darüberhinaus wurde sich auf das Zeugnis des geschädigten Inhabers des PayPal-Kontos berufen.

Die Anklage wurde durch Beschluss des Amtsgerichtes Rathenow zur Hauptverhandlung zugelassen und ein Termin zur Hauptverhandlung wurde anberaumt.

Die Hauptverhandlung

Auf die Ladung des am anderen Ende der Bundesrepublik wohnenden Geschädigten hatte das Gericht ersteinmal aus Kostengründen verzichtet und meinem Mandanten ein Geständnis nahe gelegt. Da er jedoch die Bestellung nicht ausgelöst und die Ware auch nicht bekommen hatte, war er jedoch hierzu verständlicherweise nicht bereit. Daraufhin wurden die in der Anklage benannten anderen Beweismittel (Sendungsverlauf, Bestellübersicht und Kontoübersicht) in Augenschein genommen und verlesen. Mein Hinweis gemäß § 257 Abs.2 StPO, dass diese Urkunden kein Beweis für die Bestellung, noch für den Erhalt der Ware sind, weil es genauso gut sein kann, dass unbekannte Dritte die Ware unter unbefugter Verwendung der Daten meines Mandanten bestellt und die Ware abgefangen haben, führte zu einer kurzen Unterbrechnung der Hauptverhandlung. Auch wenn sich die anwesende Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft meiner Sicht nicht anschließen wollte, so stimmte sie jedoch dem Schließen der Beweisaufnahme zu.

Das Urteil

Im Urteil musste auch das Gericht einräumen, dass die von der Staatsanwaltschaft vorgelegten Beweise nicht für eine Verurteilung ausreichen und sprach meinen Mandanten vom Vorwurf des Computerbetruges frei.


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KI - Gesetz bietet Ansätze für Rechtssicherheit und faires Verfahren (Gastbeitrag)

KI - Gesetz
Dr. Uwe Ewald

KI - Künstliche Intelligenz - Systeme

Algorithmen, die nach dem KI-Gesetz (Entwurf) als „KI-Systeme“ bezeichnet werden, lassen sich bereits heute in vielen der gängigen IT-forensischen Software-Anwendungen wiederfinden. Es geht danach um angewandte Konzepte maschinellen Lernens, logik- und wissensgestützte Konzepte, sowie statistische Ansätze, Bayessche Schätz-, Such- und Optimierungsmethoden.

Die vom KI-Gesetz (Entwurf) vorgeschlagenen Auflagen zur möglichen Beherrschung der Risiken stellen im Rahmen der Beweisaufnahme zu überprüfende Merkmale der Zuverlässigkeit der mit künstlicher Intelligenz erzeugten digitalen Beweise dar.

KI - Risiko - Pyramide

In der EU-Perspektive einer „menschenzentrierten Digitalisierung“ werden entlang eines „risikobasierten Ansatzes“ KI-Systeme  als

  • „schädlich“ (verbotene Praktiken, inakzeptables Risiko),
  • Hochrisiko-(erlaubte Praktiken, hohes Risiko) und
  • Niederrisiko-(erlaubte Praktiken, Transparenz, begrenztes oder minimales Risiko)

kategorisiert (siehe Tambiama Madiega, Briefing EU Legislation in Progress, Artificial intelligence act, January 2022) mit jeweils korrespondierenden Auflagen und Verpflichtungen, die eine Beherrschung der antizipierten Risiken ermöglichen sollen.

Im Rahmen der Strafverfolgung bezieht sich dabei das „Risiko“ von künstlicher Intelligenz auf eine Verletzung von Grundrechten, zu deren Vermeidung verschiedene Maßnahmen zu treffen sind. „Durch ihre besonderen Merkmale (z. B. Undurchsichtigkeit, Komplexität, Datenabhängigkeit, autonomes Verhalten) kann die Verwendung von künstlicher Intelligenz dazu führen, dass einige der in der EU-Grundrechtecharta … verankerten Grundrechte verletzt werden.“ (aus der Begründung des KI-Gesetzes)

Kriterien der Vertrauenswürdigkeit und Beweiswert

Mit dem KI-Gesetz (Entwurf) werden, Kriterien für die Vertrauenswürdigkeit von künstlicher Intelligenz eingeführt, die Strafjuristen als Checkliste oder Prüffragen im Rahmen der Beweisaufnahme zur Einschätzung der Zuverlässigkeit der mithilfe der künstlichen Intelligenz erzeugten digitalen Beweise dienen können.

Projiziert auf die Beweiswürdigung von mit künstlicher Intelligenz erzeugten digitalen Beweisen ergeben sich aus den Auflagen und Verpflichtungen für die Produzenten und Anwender von KI-basierten forensischen Software-Tools Kriterien für eine konkrete, fallbezogene Überprüfung, die im Ergebnis eine Einschätzung der Zuverlässigkeit der Beweismittel, ggf. deren Zulässigkeit, sowie einer sich daraus ergebenden Abstufung oder auch Abwertung des jeweiligen Beweiswertes solcher KI-basierten digitalen Beweismittel ermöglicht.

So können systematisch etwaige Schwachstellen beim Einsatz künstlicher Intelligenz in der digitalen Ermittlungsarbeit aufgedeckt werden und gegebenenfalls externe Gutachten zur Überprüfung beantragt werden.

Praktisch dürfte das z.B. derzeit bereits im Bereich der KI-gestützten Massendaten-Auswertung, automatisierter Image-Erkennung (z.B. Kinderpornografie), Aufdeckung von Deepfakes, Bewertung der Verlässlichkeit von Beweismitteln, Erstellung von Persönlichkeitsprofilen oder Mustererkennung aus diversen heterogenen Datenbanken der Fall sein.


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Mobil-Forensik - der EU-Standard kommt (Gastbeitrag)

Mobil-Forensik
Dr. Uwe Ewald

Ein wichtiger Schritt zu EU-weiten Standards der Mobil-Forensik - Durchbruch für die digitale Beweisführung in Strafverfahren

Im März 2022 wurde nach fast dreijähriger Arbeit im Rahmen des FORMOBILE-Horizon-2020-Projekts ein sog. CEN Workshop Agreement (CWA 17865) – einer Vorstufe zu einem folgenden ISO-Standard – unter dem Titel „Requirements and Guidelines for a complete end-to-end mobile forensic investigation chain“ veröffentlicht.

Damit wird erstmals ein strukturierter Versuch unternommen, alle wesentlichen Erfordernisse, die für die digitalforensische Ermittlungen mit Daten von mobilen Geräten anwendungsbereit zu beschreiben, die für eine zuverlässige, transparente und nachvollziehbare Präsentation von digitalen Beweisen aus mobilen Geräten, besonders Smartphones, in der Beweisaufnahme zu beachten sind.

Diese Vereinbarung von Kriterien und Standards (CWA) bietet einen Leitfaden an, der einerseits eine zuverlässige digitalforensische Datenverarbeitung durch IT-Forensiker sichern soll und andererseits eine Orientierung für die nachträgliche Überprüfung der Qualität desselben in der Beweisaufnahme darstellt.

Dieses CEN-Workshop-Agreement (CWA) befasst sich mit dem Personal, den forensischen Tools, den Verarbeitungsprozessen und dem rechtlichen und ethischen Rahmen für die mobile Forensik und umfasst die folgenden Themen: Zuständigkeiten, Beschlagnahme von Geräten, Datenaufbewahrung, Datenerfassung, Prüfung und Analyse der Daten, Dokumentation aller Untersuchungsschritte, Berichterstattung, Auswertung und Weitergabe von Informationen an andere Ermittlungsbehörden  sowie rechtliche und ethische Überlegungen.

Leitlinien – hilfreich bei der Überprüfung digitaler Beweise aus mobilen Geräten

Die häufig anzutreffenden Schwierigkeiten bei der Überprüfung der Zuverlässigkeit digitaler Beweise während der Beweisaufnahme im Strafverfahren durch die beteiligten Strafjuristen, können in Anwendung der Leitlinien des CWA überwunden werden.

Die im CWA zu findende detaillierte Beschreibung der konkreten Erfordernisse, welche bei der digitalforensischen Arbeit mit Daten von z.B. Smartphones durch die Ermittler zu beachten sind, ergibt sich gewissermaßen eine Folie für die nachträgliche, fallbezogene Überprüfung der Verarbeitungsschritte und damit die Möglichkeit der Einschätzung der Zuverlässigkeit und des Beweiswertes der vorgelegten Beweise.

Für die meisten Strafjuristen dürften aber derzeit selbst diese Leitlinien noch zu abstrakt und zu „technisch“ sein, um sie in einem konkreten Fall effektiv, das heißt auch mit zeitlich vertretbarem Aufwand, sicher anzuwenden.

Deshalb wurden in einem weiteren Schritt Hinweise zur Erarbeitung einer fallbezogenen Checkliste erarbeitet, die eine konkrete Anwendung der in den „Requirements and Guidelines for a complete end-to-end mobile forensic investigation chain“ beschriebenen Standards im Zuge ihrer eigenständigen Überprüfung durch Strafjuristen ermöglichen soll.


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Coronazuschuss und zweckgebundenes Darlehen ein Fall der Untreue

Coronazuschuss, Fachanwalt für Strafrecht
Rechtsanwalt Oliver Marson

Coronazuschuss: Im Jahre 2020 konnten Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern einen steuer- und sozialversicherungsfreien Zuschuss von bis zu 1.500 EUR zahlen. Was hat nun dieser Coronazuschuss und ein zweckgebundenes Darlehen gemeinsam?

Untreu verhält sich, wer auf Grund eines Treueverhältnisses fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen hat und missbraucht oder verletzt.

Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (§266 I StGB)

Unterfälle der Untreue sind das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) und der Scheck- und Kreditkartenmissbrauch gemäß § 266b StGB.

Coronazuschuss 2020

Arbeitgeber konnten ihren Beschäftigten Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1.500 Euro steuerfrei zwischen dem 1. März 2020 und dem 31. Dezember 2020 auszahlen oder als Sachleistungen gewähren.  Voraussetzung war, dass die Beihilfen und Unterstützungen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet werden. Andere Steuerbefreiungen und Bewertungserleichterungen blieben hiervon unberührt. Diese  Beihilfe blieb auch in der Sozialversicherung beitragsfrei.

Die Grünen und der Coronazuschuss

Zum Jahreswechsel wartete der Bundesvorstand der Grünen mit der Überraschung auf, dass er sich aus der Parteikasse auch selbst diesen Coronazuschuss von 1.500 EUR extra auszahlte. Der Bundesvostand hatte also nicht nur beschlossen, den steuerfreien Coronzuschuss an seine Mitarbeiter, sondern auch an alle Mitglieder des Bundesvorstandes selbst auszuzahlen. Dies begründet den Anfangsverdacht einer Untreue, so die Berliner Staatsanwaltschaft und eröffnete ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachtes der Untreue.

Die Staatsanwaltschaft Berlin führt ein Ermittlungsverfahren gegen die Mitglieder des Bundesvorstands der Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ wegen des Anfangsverdachts der Untreue. Gegenstand des Verfahrens ist die Bewilligung eines „Corona-Bonus“ durch die Mitglieder des Bundesvorstands an sich selbst im Jahr 2020. Dem Verfahren liegen mehrere Strafanzeigen von Privatpersonen zugrunde, die sich auf die Medienberichterstattung über einen Bericht der Rechnungsprüfer der Partei bezogen, wonach die Bewilligung gegen „interne Regelungen“ verstoßen habe.  (Pressemitteilung vom 20.01.22)

Da hier ausdrücklich auf parteiinterne Regelungen Bezug genommen wird, ist fraglich, ob das Verhalten des Bundesvorstandes der Grünen tatsächlich den Tatbestand der Untreue erfüllt. Vermutlich wird hier die Staatsanwaltschaft aus eher sachfremden Erwägungen Milde walten lassen. Nach dem Motto: Die Großen lässt man laufen und die Kleinen werden gehängt.

Das zweckgebundene Darlehen

Hat sich der Darlehensnehmer Untreu im Sinne von § 266 StGB verhalten, wenn er die Darlehenssumme nicht entsprechend der Darlehensvereinbarung zweckgerecht verwendet?

Das OLG Naumburg meint möglich, aber nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen.

Auch in diesem entschiedenen Fall ging es um eine Subvention. Diesmal um einen Zuschuss aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" und einer Investitionszulage. Der Darlehensnehmer hatte sich im Darlehensvertrag gegenüber der Bank verpflichtet, die vom Finanzamt erhaltene Investitionszulage zur Tilgung des Darlehens zu verwenden. An diese zusätzliche Vereinbarung hielt sich der Darlehensnehmer nicht und verwendete die Investitionszulage für andere Zwecke. Eine Untreue liegt dennoch nicht vor, weil der Darlehensnehmer gegenüber dem Darlehensgeber grundsätzlich nicht treupflichtig ist. Der Darlehensnehmer handelt nicht im fremden, sondern im eigenen Interesse. Über den Mitteleinsatz entscheidet der Darlehensnehmer, selbst für die er ein zeitlich befristetes Kapitalnutzungsrecht erhalten hat. Untreue kann eine zweckwidrige Verwendung der Mittel nur dann sein, wenn der Darlehensvertrag Elemente einer Geschäftsbesorgung aufweist und dadurch fremdnützige Vermögensinteressen den wesentlichen Inhalt des Darlehensvertrages ausmachen. Allgemeine schuldrechtliche Verpflichtungen im Darlehensvertrag begründen jedoch keine Vermögensbetreuungspflichten (OLG Naumburg, Beschluß vom 19.10.21- 1 Rv 152/21 -, StraFo 22, 36). Damit ist allerdings noch nichts dazu gesagt, ob sich der Darlehensnehmer nicht des Betruges schuldig gemacht haben könnte.


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Reisetagebuch über ein Strafverfahren in Düsseldorf - Die Bande - Teil 8

Dieses Reisetagebuch beschreibt einen Strafprozess im Lockdown aus Sicht eines Berliner Strafverteidigers.

Die Bande
Landgericht Düsseldorf

Mal eine lustige Hauptverhandlung. Ein Reisetagebuch in mehreren Teilen: Teil 1, Teil 2, Teil 3 , Teil 4 und Teil 5 sowie Teil 6 und Teil 7gab es schon. Heute nun Teil 8 meines Reisetagebuches.

Inzwischen sind wir, wenn ich mich nicht völlig verrechnet habe, in unserem Wirtschaftsstrafprozess beim 31. Hauptverhandlungstag.

Manchmal sind die Termine lang und manchmal kurz. Manchmal lang- und manchmal kurzweilig. Manchmal sind sie interessant und man kann echt etwas dazulernen und manchmal sind sie so uninteressant, dass man aufpassen muss, nicht einzuschlafen.

Heute war mal ein Termin, der lustig war.

Die Bande

Den Angeklagten wird u.a. bandenmäßiger Betrug vorgeworfen. Mit Erstaunen schauen dann Zeugen auf die aktuelle Anklagebank und sehen nur zwei Angeklagte und wundern sich, dass da nicht mehr sitzen.

So auch der Zeuge heute. Geladen war ein Makler aus Wuppertal, der dem Gericht etwas über die von ihm vor Jahren angebotenen Immobilien erzählen sollte.

Nachdem das Gericht und der Staatsanwalt Fragen gestellt hatten, war die Riege der Verteidiger mit der Befragung des Zeugen an der Reihe. Inzwischen hatte es sich etwas eingebürgert, dass ich der erste der fragenden Verteidiger bin. Ich wollte gerade mit der ersten Frage ansetzen, als mich der Zeuge fragte, wer ich denn sei.

Normalerweise haben die Zeugen im Gerichtssaal keine Frage zu stellen, aber diese Frage war völlig berechtigt. So stellte ich mich und gleich meinen Kollegen und unseren Mandanten, den von uns verteidigten Angeklagten vor.

Darauf meinte er noch, er würde gern wissen, was unserem Mandanten denn vorgeworfen würde. Auch diese Frage war ich noch bereit, dem Zeugen zu beantworten und sagte höflich, dass ihm bandenmäßiger Betrug vorgeworfen werde. Darauf schaute mich der Zeuge erstaunt an und meinte: Wo ist denn die Bande?

Wir Verteidiger darauf: Das wissen wir auch nicht!

Da hakte dann doch der Vorsitzende Richter ein und meinte mit verschmitztem Lächeln: „Ja dann sind wohl wir das“ und schaute nach links und rechts zu seinen beisitzenden Richtern der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichtes Düsseldorf.

Damit waren alle Verteidiger einverstanden.

Wie man sehen kann, mag es auch mal nicht so trocken und auch schon mal lustig im Gerichtssaal zugehen.


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Reisetagebuch über ein Strafverfahren in Düsseldorf - Deutsche Bahn - Teil 7

Dieses Reisetagebuch beschreibt einen Strafprozess im Lockdown aus Sicht eines Berliner Strafverteidigers.

Deutsche Bahn
Deutsche Bahn - Hbf. Berlin

Deutsche Bahn im Lockdown – eine Hauptverhandlung in Krisenzeiten. Ein Reisetagebuch in mehreren Teilen: Teil 1, Teil 2, Teil 3 , Teil 4 und Teil 5 sowie Teil 6 gab es schon. Heute nun Teil 7 meines Reisetagebuches.

Nach einer kleinen Unterbrechung ging es heute mal wieder nach Düsseldorf.  In meinem Wirtschaftsstrafverfahren haben uns jetzt ein paar liebe Kollegen verlassen. Ein Teil der Angeklagten hat es vorgezogen, sich geständig einzulassen und nun werden sie in getrennten Verfahren vermutlich milde abgeurteilt. Mein Mandant dagegen möchte sich weiter gegen die Vorwürfe verteidigen, was nicht nur sein gutes Recht ist, sondern nach meiner Einschätzung auch gute Chancen auf Erfolg hat.

So war es wieder mal an der Zeit mit einem Zug der Deutschen Bahn von Berlin nach Düsseldorf zu fahren. Diesmal allerdings mit einer ordentlichen Verspätung von 130 Minuten. Auf der Strecke zwischen Hannover und Bielefeld (wobei es ja Bielefeld gar nicht geben soll) war eine Brücke defekt. So musste der ICE wegen fehlender nutzbarer Parallelstrecken einen riesigen Umweg fahren. Der Zug fuhr eine eingleisige Strecke über Dörfer, deren Namen man nicht aussprechen und die man sein Leben lang nicht kennen lernen will.

Tröstlich war allerdings das Informationsmanagement des Zugpersonals.

Schon nach kurzer Zeit kam die erste Durchsage, dass die Strecke gesperrt ist und sowie man wisse, wie es jetzt weiter geht, würde man uns informieren. Nach etwa weiteren 20 Minuten Stillstand kam die Ansage, dass eine Brücke beschädigt sei und man eine Ausweichstrecke nutzen müsse. Dies würde zu einer Verspätung von ca. einer Stunde führen. Hierfür entschuldigte man sich schon mal. Das fand ich ehrlich gesagt gut und so war man beruhigt, dass sich die Deutsche Bahn kümmert und offensichtlich den Zug nicht einfach vergessen hat.

Als wir dann auf dieser freien eingleisigen Ausweichstrecke waren, kam es nochmals zu einem längeren Halt. Das Bahnpersonal informierte uns erneut und zwar jetzt darüber, dass ein entgegenkommender Zug uns erst passieren müsse, bis es weiter geht. Auch diese Durchsage fand ich recht tröstlich und machte mir Hoffnung auf eine baldige Weiterfahrt.

Nachdem wir wieder auf der regulären Strecke waren, kam das Begleitpersonal der Deutschen Bahn noch durch und verteilte an alle Reisenden ein „Fahrgastrechte-Formular“ für die anteilige Erstattung des Reisepreises.

Vielen Dank an das professionelle Zugbegleitpersonal des ICE von Berlin nach Düsseldorf. Es waren Mitarbeiter, die Ihrer Aufgabe gerecht wurden und versucht haben, das Beste aus der Situation zu machen.


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Reisetagebuch über ein Strafverfahren in Düsseldorf - Der Karneval - Teil 6

Dieses Reisetagebuch beschreibt einen Strafprozess im Lockdown aus Sicht eines Berliner Strafverteidigers.

Karneval
Die Düsseldorfer Kö Winter 2021

Karneval im Lockdown – eine Hauptverhandlung in Krisenzeiten. Ein Reisetagebuch in mehreren Teilen: Teil 1, Teil 2, Teil 3 und Teil 4 sowie Teil 5 gab es schon. Heute nun Teil 6 meines Reisetagebuches.

Düsseldorf ist eine deutsche Karnevalshochburg. Wann es mit dem Düsseldorfer Karneval erstmals los ging ist wohl nicht überliefert. Auf jeden Fall werden schon Karnevalsveranstaltungen seit 1360 urkundlich erwähnt. Seitdem wird in Düsseldorf Jahr für Jahr, beginnend mit dem symbolischen Erwachen des Hoppeditz am 11. November, die "Fünfte Jahreszeit" eingeläutet, die dann mit dem Aschermittwoch endet.

Als Berliner ist mir diese "Jahreszeit" des Karnevals eher fremd. Lediglich als Kinder haben wir in der Schule, und später als Studenten, Fasching gefeiert. Große Strassenumzüge gab es bei uns nicht. Auch die nach 1990 nach Berlin gezogenen Bonner Beamten haben daran nichts ändern können. Karneval in Berlin ist eher eine Randerscheinung.

Umsomehr hatte ich dieses Jahr gehofft, mal einen richtigen Karneval erleben zu können. Mein Strafprozess am Landgericht Düsseldorf hätte eine schöne Gelegenheit sein können, mal so richtig in die Karnevalszsene einzutauchen.

Daraus wird jedoch nichts. Von tiefster Trauer erfasst und mit Tränen in den Augen berichteten mir Düsseldorfer Kollegen, dass auch dieses Jahr alle Großveranstaltungen abgesagt sind. Umzüge jeglicher Art sind verboten. Lediglich im Internet kann man sich Veranstaltungen ohne Publikum streamen.  Die Absage in diesem Jahr ist nun schon die Dritte. Im letzten Jahr wurden schon alle Veranstaltungen wegen CORONA abgesagt und im Jahr zuvor ist der Umzug wegen Sturm gestrichen worden. Das Leben ist hart und ungerecht, vor allem für den Karnevalisten.

Vielleicht ergibt es sich ein anderes Mal. Ein anderer Strafprozess zur Karnevalszeit in einer Karnevalshochburg. Man soll ja nie die Hoffnung aufgeben.


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Reisetagebuch über ein Strafverfahren in Düsseldorf - Kultur im Lockdown - Teil 5

Dieses Reisetagebuch beschreibt einen Strafprozess vor einer Wirtschaftsstrafkammer im Lockdown mit insgesamt 6 Angeklagten und 12 Verteidigern, aus Sicht eines Berliner Strafverteidigers.

Lockdown - eine Hauptverhandlung in Krisenzeiten. Ein Reisetagebuch in mehreren Teilen: Teil 1, Teil 2, Teil 3 und Teil 4 gab es schon. Heute nun Teil 5 meines Reisetagebuches.

Lockdown, Hauptverhandlung, Wirtschaftstrafverfahren
Das "Zeitfeld" von Klaus Rinke im Volksgarten Düsseldof

Die heutige Hauptverhandlung ist zu Ende. Was machen Strafverteidiger in einer fremden Stadt, wenn der Forsetzungstermin schon um 15.00 Uhr endet und alles geschlossen ist?

Mit Alles, meine ich auch Alles. Alle Kneipen, Restaurants, Kinos, Theater, Galerien, selbst die Kantine im Gericht ist geschlossen. Hauptverhandlungen in Strafverfahren sind meist sehr anstrengend. Nach einer mehrstündigen Verhandlung, auch mit einer einstündigen Mittagspause, ist der Strafverteidiger platt und braucht ein bisschen Ablenkung. Dies gilt vor allem, wenn er auswärtig verhandelt.

Üblicherweise geht er dann in die City, schaut sich die Innenstadt an, kehrt in ein Restaurant oder in eine gemütliche Kneipe ein. Isst gepflegt zu Abend und geht vielleicht noch anschließend ins Kino.

Nur wo findet man im Lockdown Bewegung und Abwechslung ausserhalb des Gerichtssaales?

Nirgends - ist die Antwort. Ausser vielleicht im naheliegenden Stadtpark. Nur wenige Minuten von meinem Hotel liegt ein Park mit einer interessanten Installation.

Was bleibt anderes, als Spazieren gehen?

In der Nähe meines Hotels befindet sich der Volksgarten Düsseldorf, der zu dieser Jahreszeit, mit dem nasskalten ungemütlichen Wetter, nicht gerade eine Augenweide ist. Aber es ist wenigstens ein Park. In diesem befindet sich eine Skulptur, bestehend aus 24 Bahnhofsuhren, die alle im Gleichklang laufen und die Vergänglichkeit der Zeit symbolisieren. Das Werk heisst sinnigerweise "Zeitfeld" und ist von Klaus Rinke. Erstellt wurde es zur Bundesgartenschau 1987. Mir gefällt diese Installation, weil sie so schön in unsere Zeit passt. Sie passt auch zu meinem Wirtschaftsstrafprozess. Gericht und Staatsanwaltschaft möchten möglichst wenig Zeit auf den Prozess verwenden und zu einem schnellen Urteil kommen. Die Verteidiger kämpfen um die Zeit, die sie für Ihre Mandanten und deren Verteidigung brauchen. Die 24 Bahnhofsuhren ticken jedoch für beide Seiten gleich schnell.


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Verpflegung auf Reisen in CORONA-Zeiten - Teil 4

Dieses Reisetagebuch beschreibt einen Strafprozess vor einer Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichtes Düsseldorf mit insgesamt 6 Angeklagten und 12 Verteidigern, aus Sicht eines Berliner Strafverteidigers.

Verpflegung
Genuss auf ganzer Strecke - RA Marson

Dieser Artikel ist eine Fortsetzung der bisher erschienenen Teile 1 , 2 und 3.

Wer aus beruflichen Gründen gezwungen ist in Deutschland zu verreisen, der hat nicht nur das Problem eine Unterkunft zu finden, sondern es gibt eine weitere gravierende Komplikation. Wie verpflege ich mich auf meiner Geschäftsreise?

Im ganzen Land sind wegen des Lockdowns alle Restaurants, Kneipen und Imbisse geschlossen. Selbst in den Hotels wird kein Frühstück mehr angeboten. Die einzige Möglichkeit besteht darin, sich etwas auf das Hotelzimmer zu bestellen oder an Imbissständen etwas einzukaufen und auf offener Straße im Stehen zu verzehren.

Die Kantine am Landgericht Düsseldorf hat bis auf weiteres geschlossen. Mit viel Glück und ausgepägtem Orientierungssinn findet sich in der hintersten Ecke des Gerichtes ein Kaffeeautomat.

Im ICE gibt es zwar ein offenes Bordrestaurant. Außer einem Kaffee, Wasser oder Snacks zu überzogenen Preisen ist da auch nichts Nahrhaftes zu bekommen.

Daher bleibt nur eine vernünftige Alternative: Der Dienstreisende von heute nimmt seine Verpflegung mit und lässt sich von seiner Frau auch auf Reisen bekochen.

Zum Glück gibt es Tupperdosen und ähnliche Plastikbüchsen, in denen sich fertigte Lebensmittel haltbar transportieren lassen. Ohne diese geniale Erfindung wäre der Tripp in den heutigen CORONA-Zeit garnicht zu bewerkstelligen. So nehmen meine Kollegen und ich diverse Plastikdosen mit Wurst- und Käsebroten, Salaten, Obst und selbstgemachtem Kuchen usw. im Handgepäck mit und stellen damit eine halbwegs vernünftige Verpflegung sicher.  Bratwurst, Hamburger, Pizza und Döner vom Imbiss mit fraglicher Zusammensetzung und geschmacklicher Eintönigkeit sind eben kein Ersatz.

An dieser Stelle einmal einen großen Dank an meine Frau, die sich so liebevoll um mein leibliches Wohl auf meinen Geschäftsreisen sorgt.

Auch einen ganz herzlichen Dank an die Frau meines Berliner Kollegen, die uns auf unserer letzten Reise mit Russichbrot nach westfälischer Art versorgt hat.