Raub im deutschen Strafrecht

Rechtsanwalt Oliver Marson

Der Raub ist in § 249 Abs. 1 StGB geregelt. Danach macht sich strafbar, „wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten zuzueignen“. Er stellt eine qualifizierte Form des Diebstahls dar, bei der die Wegnahme mit einer Nötigungshandlung verknüpft wird.

  1. Tatbestandsmerkmale
    Objektiv verlangt der Raub zunächst eine Wegnahme, also den Bruch fremden und die Begründung neuen, nicht notwendig tätereigenen Gewahrsams. Hinzutreten muss Gewalt gegen eine Person oder eine Drohung mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben. Erforderlich ist nach ständiger Rechtsprechung eine finale Verknüpfung zwischen der Nötigungshandlung und der Wegnahme: Die Gewalt oder Drohung muss gerade das Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme sein. Fehlt diese finale Verbindung – etwa wenn der Täter erst nach Abschluss einer Gewaltanwendung den Entschluss zur Wegnahme fasst – liegt kein Raub vor (vgl. BGH, Urteil vom 20.01.2016 – 1 StR 398/15).

Subjektiv setzt § 249 StGB Vorsatz hinsichtlich aller objektiven Merkmale sowie eine Zueignungsabsicht voraus. Der Täter muss die Absicht haben, die Sache unter Ausschluss des Eigentümers sich oder einem Dritten anzueignen, und er muss zumindest billigend in Kauf nehmen, den Eigentümer dauerhaft zu enteignen (§ 242 StGB).

  1. Versuch und Vollendung
    Der Versuch ist gemäß § 249 Abs. 2 StGB strafbar. Vollendet ist der Raub, wenn der Täter die Sache weggenommen hat und diese Handlung vom Einsatz der qualifizierten Nötigungsmittel getragen wurde. Bereits das Ansetzen zur Gewaltanwendung in Zueignungsabsicht kann den Versuch begründen.
  2. Strafrahmen und Qualifikationen
    Der Grundtatbestand des § 249 Abs. 1 StGB sieht eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr vor. § 250 StGB enthält Qualifikationstatbestände des „schweren Raubes“ – etwa beim Mitführen einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeugs (§ 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB), bei Verwendung solcher Mittel (§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) oder bei Verursachung schwerer Gesundheitsschäden (§ 250 Abs. 2 Nr. 3a StGB) – mit deutlich höheren Strafrahmen. Besonders schwere Fälle können Freiheitsstrafen ab fünf oder zehn Jahren nach sich ziehen.
  3. Abgrenzungen und Irrtumsproblematik
    Ein häufiger Abgrenzungsfall betrifft die Konstellation, dass der Täter glaubt, ein Recht zum Mitnehmen zu haben (z. B. angeblicher Lohnanspruch). In solchen Fällen kann ein Tatbestandsirrtum (§ 16 StGB) vorliegen, der den Vorsatz ausschließt (vgl. BGH, Beschluss vom 13.01.2016 – 2 StR 347/15).
  4. Beispiel aus der Rechtsprechung
    In einem Fall verurteilte der BGH (2 StR 202/15) den Angeklagten wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Der Täter hatte das bewusstlose Opfer durchsucht und Gegenstände entwendet, nachdem er es zuvor mit Schlägen kampfunfähig gemacht hatte – eine klare finale Verbindung zwischen Gewaltanwendung und Wegnahme.

Fazit
Der Raub ist ein komplexer Straftatbestand, der eine enge Verknüpfung von Diebstahl und Nötigung erfordert. Die finale Verbindung zwischen Gewalt/Drohung und Wegnahme, die konkrete Gefährdung von Leib oder Leben sowie die besondere Zueignungsabsicht sind Kernpunkte, die in Praxis und Rechtsprechung laufend präzisiert werden. Die Strafandrohungen spiegeln die hohe Gefährlichkeit dieser Deliktsform wider.