Fall der Steuerhinterziehung, Steuerhinterziehung, Fachanwalt für Strafrecht, Wirtschaftsstrafrecht, Steuerstrafsachen. Strafverteidiger, Steuerstrafrecht,,, Steuerverkürzung,, Freiheitsstrafe, Geldstrafe,, Verjährung, Ermittlungsverfahren, Hausdurchsuchung, Berlin
Rechtsanwalt Oliver Marson

Kein kurzer Prozess im Fall der Steuerhinterziehung

Der Bundesgerichtshof hat am 24. Mai 2017 unter 1 StR 176/17  einen Fall entschieden, den er zum Anlass nahm, erneut auf die Begründungserfordernisse gemäß § 267 StPO im Fall der Verurteilung wegen Steuerhinterziehung hinzuweisen. Danach gilt: Kein kurzer Prozess im Fall der Steuerhinterziehung.

Das Landgericht hatte die Angeklagten unter anderem wegen Steuerhinterziehung in mehreren Fällen zu Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt. Die darauf gestützte Revision eines Angeklagten führte zur Aufhebung der Verurteilungen wegen Steuerhinterziehung. Dabei wies der Senat erneut darauf hin, dass die Verweisung auf Betriebsprüfungsberichte oder die Übernahme der Ermittlungsergebnisse der Steuerfahndung in das Urteil unzureichend seien. Ebenso unzureichend sei die Wiedergabe von Aussagen, die Finanzbeamte als Zeugen in der Hauptverhandlung zur Behandlung steuerlicher Fragen gemacht hätten.

Zur Feststellung der Besteuerungsgrundlagen

Das Landgericht sei zwar nicht gehindert, bereits im Ermittlungsverfahren erstellte rein mathematische Berechnungen in das Urteil zu übernehmen. Dies gelte indes grundsätzlich nicht für die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen, die im Wege freier richterlicher Überzeugungsbildung vom Tatrichter eigenverantwortlich zu ermitteln seien. Die Übernahme einer Schätzung der Finanzbehörden komme deshalb nur dann in Betracht, wenn der Tatrichter diese eigenverantwortlich nachgeprüft habe. Der Richter müsse von ihrer Richtigkeit auch unter Berücksichtigung der vom Besteuerungsverfahren abweichenden strafrechtlichen Verfahrensgrundsätze überzeugt sei. Die Schätzungsgrundlagen müssen dabei in den Urteilsgründen für das Revisionsgericht nachvollziehbar mitgeteilt werden. Ausnahmsweise sei eine Berechnungsdarstellung nur dann insgesamt entbehrlich, wenn ein sachkundiger Angeklagter ein Geständnis abgelegt habe.

Eigenständige Steuerberechnung durch das Gericht

In dem entschiedenen Fall wurde insbesondere moniert, dass das Landgericht zwar hinsichtlich der verkürzten Steuern mitgeteilt habe, dass die Umsätze in den Veranlagungszeiträumen durch drei unterschiedliche Manipulationsweisen gemindert worden seien, jedoch ohne die maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen darzustellen. So sollen beispielsweise Veränderungen der Kassen und der Ausdruck von sogenannten Z-Bons im Umfang zwischen 20% und 50 % erfolgt sein. Dabei seien jedoch die konkreten Umsätze und die entsprechenden Minderungen in der Buchführung nicht weiter mitgeteilt worden. Auch sollen Scheinrechnungen in erheblicher Höhe verbucht worden sein. Auch zur Steuerverkürzung durch den Schwarzeinkauf von Waren fehlten nähere Angaben. Die Urteilsfeststellungen enthielten keine Angaben zu deren Umfang; auch lasse sich nicht nachvollziehen, in welcher Höhe für Wareneinkauf nicht geltend gemachte Betriebsausgaben bzw. Vorsteuern der Verschleierung von Betriebseinnahmen bzw. Ausgangsumsätzen gedient hätten.

Daneben fehlten in den Urteilsgründen auch Ausführungen zur Berechnung der Körperschaftsteuer, des Solidaritätszuschlages hierauf sowie der Gewerbesteuer vollständig. Das Landgericht habe in dem Urteil nicht zu erkennen gegeben, dass es als ihm obliegende Rechtsanwendung eine eigenständige Steuerberechnung durchgeführt und dabei – gerade im Hinblick auf die dargestellten Manipulationen – eine ggf. erforderliche Schätzung selbst vorgenommen habe.

Praktische Relevanz

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes hat praktische Relevanz zum einen für die Aufstellung der Verteidigung in der Hauptverhandlung. Der Übung mancher Gerichte, die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung abzukürzen, indem nach Einführung der Betriebsprüfungsberichte und der Vernehmung eines Finanzbeamten als Zeugen die Beweisaufnahme geschlossen und das Urteil „rausgehauen“ wird, hat der BGH einen Riegel vorgeschoben. Kein kurzer Prozess im Fall der Steuerhinterziehung. Zum anderen ist die Entscheidung relevant für die Beurteilung der Angreifbarkeit eines Urteils in der Rechtsmittelinstanz, insbesondere in der Revision. Sprechen Sie uns einfach an.

Weitere Informationen

Einen einführenden Artikel zum Thema der Steuerhinterziehung im Steuerstrafrecht finden Sie hier. Weiterführende Informationen zum Straftatbestand, den Rechtsfolgen, der Selbstanzeige, dem besonders schweren Fall, dem Steuerschaden und der Einziehung finden Sie auf den folgenden Seiten.