Vorteilsannahme des Bürgermeisters wegen Geschäftsessen?

Vorteilsannahme, Bestechung, Bürgermeister, Geschäftsessen, Rechtsanwalt
Rechtsanwalt Oliver Marson

Dem Bürgermeister sollten nach Auffassung der Staatsanwaltschaft Geschäftsessen als Vorteilsannahme zur Last fallen. Der Bürgermeister, der gleichzeitig Aufsichtsratsmitglied und Gesellschaftvertreter eines zu 100 % der Kommune gehörenden Unternehmens ist, wurde der Vorwurf der Straftatvorwurf deshalb gemacht, weil er sich regelmäßig aus Anlass der Durchführung von Gesellschafterversammlungen und Aufsichtsratssitzungen vom dem Kommunalunternehmen hat bewirten lassen.

Der Straftatbestand der Vorteilsannahme

Nach § 331 (1) StGB wird bestraft, wer als Amtsträger oder ein für den öf­fent­li­chen Dienst besonders Verpflichteter für die Dienstausübung ei­nen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich versprechen lässt oder annimmt.

Der Amtsträger als Täter

Täter  des Straftatbestandes der Vorteilsannahme können nur Amtsträger bzw. Personen sein, die die Amts­trä­ger­ei­gen­schaft zum Zeitpunkt der Tathandlung besitzen.

Der Mandant ist hauptamtlicher Bürgermeister einer Stadt und als solcher Amtsträger im Sinne von § 11 Ziff. 2 StGB.  Als Bürgermeister ist er automatisch Aufsichtsratsmitglied eines kommunalen Unternehmens, welches zu 100 % der Stadt gehört.

Der Bürgermeister der Stadt ist nach der Satzung des Kommunalunternehmens ge­bo­re­nes Mitglied des Aufsichtsrates ist, insofern in der Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender als Amtsträger im Sinne von § 331 (1) StGB an­zusehen, wenn das Kommunalunternehmen zwar in privatrechtlicher Organisationsform, jedoch zur Er­fül­lung öffentlicher Aufgaben gegründet wurde und die Tätigkeit des Unternehmens als solches der Erfüllung von Verwaltungsaufgaben dient. Klingt kompliziert und was das alles mit Geschäftsessen zu tun haben könnte, erschließt sich nicht sofort.

jedenfalls kann der Aufsichtsratsvorsitzende auch als Amtsträger im Sinne von § 331 (1) StGB angesehen werden, wenn das Kommunalunternehmen als sog. „sonstige Stelle“ an­zu­se­hen ist und einer behördlichen Einrichtung gleichzustellen wäre, weil das Kommunalunternehmen vornehmlich bei der Wahrnehmung ihrer sat­zungs­mä­ßi­gen Aufgaben derart staatlicher Steuerung unterliegt, dass sie bei Gesamt­wer­tung der sie kennzeichnenden Merkmale gleichsam als ver­län­ger­ter Arm des Staates, in diesem Fall der Stadt/Kommune, erscheint (BGHSt 43, 370, 377; BGHSt 45, 15). Immer noch stellt sich nicht die Frage, ob der Bürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzender in einer Person ungestraft an Geschäftsessen teilnehmen darf.

Bei der Frage der Amtsträgereigenschaft ist allerdings vordergründig nicht die Organisationsform als solche relevant, sondern die Art der Aufgabe. Amtsträger ist, wer dazu bestellt ist, bei oder im Auftrag einer Behörde oder „sonstigen Stelle“ Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen. Die Amtsträgereigenschaft setzt somit stets die Tätigkeit bei oder im Auftrag einer Behörde oder sonstigen Stelle voraus. So nimmt zwar das Kommunalunternehmen durchaus öffentliche Interessen bzw. öffentliche Aufgaben wahr, in der Gesamtbetrachtung scheint jedoch aber zweifelhaft, ob eine Gleichstellung mit einer Behörde gerechtfertigt ist.

Ein vornehmlich marktwirtschaftlich orientiertes Unternehmen der Kommune, das an der Gewinnerzielung aus­ge­rich­te­t ist ergibt sich allein aus der Inhaberschaft der öffentlichen Hand noch nicht zwingend die staatliche oder kommunale Steuerung der Gesellschaft. Ähnlich wie bei einer Flughafengesellschaft (BGH 2 StR 437/98) unterliegen auch andere Kommunale Unternehmen einer Vielzahl von Vorschriften des privaten und öffentlichen Rechts, so dass je nach Branche kaum Unterschiede zwischen einem privaten Unternehmen und einem privatrechtlich organisierten Unternehmen in öffentlicher Trägerschaft bestehen.

Vorteilsannahme während Dienstausübung

Bei Bejahung der Amtsträgereigenschaft des Beschuldigten muss die Tat im Rahmen seiner Dienstausübung erfolgt sein. Die Handlung muss sich auf die Dienstausübung als Amtsträger beziehen. Etwaige Pri­vathand­lun­gen oder Nebentätigkeiten des Beschuldigten werden nicht vom Tatbestand erfasst. Nun stellt sich noch immer die frage, ob ein Geschäftsessen eine strafbare Handlung sein kann.

Vorteil als Tatbestandsmerkmal

Ein Vorteil im Sinne von § 331 StGB ist jedwede Zuwendung an den Amtsträger oder einen Dritten in materieller oder immaterieller Form, die zu einer wirtschaftlichen, rechtlichen oder auch persönlichen objektiven Besserstellung führt und auf die kein rechtlich begründeter Anspruch besteht. darf nun ein Bürgermeister bei einem Geschäftsessen seinen Hunger ungestraft stillen?

Grundsätzlich ist es Beamten verboten, Belohnungen, Geschenke oder sonstige Vorteile anzunehmen (z. B. § 71 BBG). Nach den Landesgesetzen entscheidet über Ausnahmen vom generellen Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken oder sonstigen Vorteilen die oberste Dienstbehörde. Hierzu existieren in den Bundesländern diverse Verwaltungsvorschriften und Richtlinien die eine Orientierung bieten. Ist das Geschäftsessen eine Belohnung oder ein Geschenk?

Die Bewirtung durch Dritte kann einen solchen Vorteil darstellen, soweit nicht eine Ausnahme oder Zustimmung vorliegt. Es werden Ausnahmen vom Verbot gemacht, soweit eine stillschweigende Zustimmung anzunehmen ist. Eine stillschweigende Zustimmung liegt dann vor, wenn es sich bei der Bewirtung um eine übliche und im Hinblick auf den Anlass angemessene Bewirtung bei Gelegenheit dienstlicher Handlungen oder bei Veranstaltungen außerhalb der öffentlichen Verwaltung, an denen die oder der Beschäftigte im Rahmen ihres oder seines Amtes, in dienstlichem Auftrag oder mit Rücksicht auf die ihnen oder ihm durch das Amt mit auferlegten ge­sell­schaft­li­chen Repräsentationspflichten mit Bezug auf ihr oder sein Aufgabengebiet teilnimmt. Als Beispiele werden hier die Einführung oder Verabschiedung von Amtspersonen, offizielle Veranstaltungen, gesellschaftliche Veranstaltungen, Jubiläen, Einweihungen, Eröffnungen, Betriebsbesichtigungen, Partnerschaften, Sitzungen von Organen wirtschaftlicher Unternehmen, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist, ausdrücklich genannt. Dabei darf sich die gesellschaftliche Vertretung nur auf die Behördenleitung und im Einzelfall schriftlich beauftragte Beschäftigte beschränken.

Als sozial adäquat sind Leistungen anzusehen, die der Höflichkeit und Ge­fäl­lig­keit entsprechen und sozial üblich sind und daher auch allgemein gebilligt werden.

Bewirtungen (und somit auch Geschäftsessen), deren Umfang sich im Rahmen des nach Anlass und Status der Beteiligten im Üblichen hält und denen gleichwertige Gegeneinladungen durch den Amtsträger gegenüber stehen, sind nicht als Vorteile im Sinne von § 331 StGB anzusehen.

Selbst umfangreiche Bewirtungen können im Einzelfall als unbedenklich angesehen werden (BGH 31, 279).

Vorteilsannahme erfordert Unrechtsvereinbarung

Zwischen der Dienstausübung und der Vorteilszuwendung bedarf es als Tatbestand einer inhaltlichen Verknüpfung einer Übereinkunft zwischen dem Amtsträger und dem Vorteilsgewährer in Form einer sog. Unrechtsvereinbarung , wobei eine vertragsähnliche Vereinbarung nicht Vo­raus­set­zung ist. Es reicht aus, wenn beide Seiten bewusst eine Verknüpfung zwischen Dienstausübung und Vorteil herbeiführen. Der Vorteil muss für die Dienstausübung gefordert, versprochen oder angenommen werden, d.h. der Vorteil muss für und durch den Beschuldigten in seiner Funktion als Amtsträger angenommen werden, wofür eine Gegenleistung verabredet wird.

Der § 331 StGB setzt ein sog. Gegenseitigkeitsverhältnis voraus. Es muss der Vorteilsgewährer mit der Vorteilsgewährung für sich bzw. für das von ihm vertretene Unternehmen einen unrechtmäßigen Vorteil verbinden. dabei kann eine stillschweigende Übereinkunft der Beteiligten ausreichen.

Unser Bürgermeister kein Straftäter wegen Teilnahme an Geschäftsessen

Geschäftsessen soll keine Straftat sein
Nachtisch statt Straftat

Auf Grund einer von uns vorgelegten Schutzschrift wurde das gegen den Bürgermeister eingeleitete Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft eingestellt. Wie Sie hier lesen können ist die Materie für den juristischen Laien kompliziert, trocken und regt den Appetit nicht an. Für Bürgermeister und andere Amtsträger können Geschäftsessen aber einen strafrechtlichen Nachgeschmack entwickeln. Versuchen Sie ihn los zu werden, in dem Sie rechtzeitig Strafverteidiger zur Neutralisierung des strafrechtlichen Nachgeschmacks beauftragen. Das gilt nicht nur für Geschäftsessen. Weitere Informationen zur Vorteilsannahme finden Sie hier.