Fachanwalt für Strafrecht
Rechtsanwalt Oliver Marson

Freispruch wegen Tatbestandsirrtum bei Subventionsbetrug?

Es geht um die Frage, ob unter Berücksichtigung des hier relevanten Sachverhalts der Geschäftsführer einer GmbH vom Vorwurf des Subventionsbetrugs wegen Vorliegens von Tatbestandsirrtum gem. § 16 StGB freizusprechen sein wird. Eine Wirtschaftsstrafkammer eines Landgerichts verurteilte vor wenigen Tagen unseren Mandanten nach 22 Hauptverhandlungstagen. Die Kammer ging davon aus, dass der Geschäftsführer der GmbH nach § 264 Abs.1 Nr.1 StGB gegenüber „einer für die Bewilligung einer Subvention zuständigen Behörde oder einer anderen in das Subventionsverfahren eingeschalteten Stelle oder Person (Subventionsgeber) über subventionserhebliche Tatsachen für sich oder einen anderen unrichtige oder unvollständige Angaben (gemacht habe), die für ihn oder den anderen vorteilhaft sind…“.

Der Rechtsstreit über die „subventionserheblichen Tatsachen“

Tatsächlich hatte der Geschäftsführer Subventionen in Höhe von mehreren Hunderttausend Euro bei einer dafür zuständigen Bank beantragt. Die Mittel wurden bewilligt und kamen weitestgehend auch zur Auszahlung. Dafür legte er Rechnungen vor, wonach Leistungen von Fremdfirmen erbracht und bezahlt worden wären. Das aber stimmte nicht. Es handelte sich um Scheinrechnungen. Die GmbH wollte so zunächst die Mittelauszahlung erreichen, um anschließend Aufträge an Fremdfirmen vergeben und bezahlen zu können. In dem Antragsformular der Bank wurden die Antragsteller explizit darauf hingewiesen, welche konkreten Angaben unter die subventionserheblichen Tatsachen im Sinne des § 264 Abs. 8 StGB fallen. Alle diese Angaben (Rechtsform des Unternehmens, Vertreter, Anschrift usw.) wurden von unserem Mandanten zutreffend beantwortet. An völlig anderer Stelle des Antragsformulars und ohne Hinweis auf § 264 Abs. 8 StGB wurde dann folgender Passus eingefügt:

„Scheingeschäfte und Scheinhandlungen sind für die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung und Weitergewährung oder das Belassen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils unerheblich. Wird durch ein Scheingeschäft oder eine Scheinhandlung ein anderer Sachverhalt verdeckt, so ist der verdeckte Sachverhalt für die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen der Subvention oder des Subventionsvorteils maßgebend“

Dass es sich dabei um §4 Abs.1 des Subventionsgesetzes handelt verschweigt das Antragsformular. Nach der Rechtsprechung muss der Subventionsgeber den Subventionsnehmer über die subventionserheblichen Tatsachen in Kenntnis setzten. Tut er das nicht oder nicht ausreichend, so soll es (auch) nach der Entscheidung des 3. Strafsenats des BGH vom 28. Mai 2014 ausrechen, wenn die Bewilligung der in Rede stehenden Subventionen von einem Gesetz abhängt. Das, so das Landgericht in der mündlichen Urteilsbegründung im Falle unseres Mandanten, sei vorliegend gegeben. Eben durch das Subventionsgesetz.

Tatbestansirrtum bei Subventionsbetrug?

Wir haben dem Landgericht nicht unsere gesamte Rechtsauffassung in den Plädoyers präsentiert (§ 16 StGB), denn wir beabsichtigen der Revisionsinstanz die Frage vorzulegen, ob vorliegend von einem Tatbestandsirrtum auszugehen ist. Dabei lassen wir uns von folgenden Überlegungen leiten:

Die im Antragsformular als subventionserheblich bezeichneten Tatsachen wurden zutreffend beantwortet. Der aus §4 Abs. 1 Subventionsgesetz übernommene Gesetztestext im Antragsformular bezeichnet nicht das Gesetz. Ein Hinweis darauf, dass es sich dabei um subventionserhebliche Tatsachen handeln soll, fehlt. Der zitierte Gesetzestext ist – betrachtet aus der Laiensphäre – dahingend missverständlich, dass Scheingeschäfte und Scheinhandlungen „unerheblich“ seien. Wir meinen, dass der Gesetzgeber hier schluderte und es eigentlich heißen müsste, dass für die Rückforderung von Subventionen Scheingeschäfte und Scheinhandlungen „erheblich“ sind. Summa summarum „täuschte“ die Bank mit dem unprofessionellen Antragsformular die Antragsteller über die subventionserheblichen Tatsachen mit der Folge, dass das zum Tatbestandsirrtum führen musste. Wir wissen um die gewagte Argumentation. Und wir wissen auch um die Möglichkeit, dass auch noch die Verurteilung wegen Betrugs statt wegen Subventionsbetrugs möglich wäre. Wir berichten später über das Ergebnis.