Wenn dem Gericht konkrete Gründe mitgeteilt werden, warum der Angeklagte nicht zur Hauptverhandlung kommen könne, darf die Hauptverhandlung nicht stattfinden. Strafverteidiger, Angeklagter, Gerichtsverhandlung, Verhandlungsunfähigkeit, ärztliches Attest, Haftbefehl, Rechtsanwälte, Ermittlungsverfahren, Berlin
Rechtsanwalt Oliver Marson

Wenn Angeklagte nicht zur Hauptverhandlung erscheinen

Wenn Angeklagte nicht zu der vom Strafgericht anberaumten Hauptverhandlung kommen, kann das unterschiedliche Gründe haben.

Keine Zustellung der Ladung zur möglich

Die Ladung zum Termin für die Hauptverhandlung konnte vom Gericht nicht zugestellt werden, so dass der Angeklagte keine Kenntnis vom Hauptverhandlungstermin erhalten hat. In diesem Fall hat das Gericht den Angeklagten neu zu laden. Auch kann es erforderlich sein, zuvor eine ladungsfähige Anschrift zu ermitteln.

Entschuldigtes Ausbleiben des Angeklagten von der Hauptverhandlung

Wenn dem Gericht konrete Gründe mitgeteilt werden, warum der Angeklagte nicht zur Hauptverhandlung kommen könne, darf die Hauptverhandlung nicht stattfinden. Das gilt jedenfalls dann, wenn es sich um Gründe handelt, die den Angeklagten ausreichend entschuldigen und erkennbar wird, das er erscheinen wollte, aber schuldlos nicht erscheinen konnte.

Das Ausbleiben von der Hauptverhandlung wegen Verhandlungsunfähigkeit

Ist der Angeklagte anwesend, aber nicht verhandlungsfähig, gilt er trotz körperlicher Anwesenheit als von der Verhandlung ausgeblieben im Sinne des § 230 StPO.

Ob Verhandlungsunfähigkeit eines Angeklagten vorliegt, würdigt das Gericht im sogenannten Freibeweisverfahren. Dabei können schon geringe Zweifel an der Verhandlungsfähigkeit dazu führen, dass keine Hauptverhandlung stattfindet. Aber es gibt keine Definition, die bestimmt, wann Verhandlungsunfähigkeit vorliegt. Nicht jeder Schnupfen, jede Erkältung, Kopfschmerzen oder andere leichtere Beeinträchtigung begründen die Annahme der Verhandlungsunfähigkeit. Erst dann, wenn anzunehmen ist, das ein Angeklagter nicht in der Lage ist, sich wirklich zu verteidigen und dem Prozess zu folgen, begründet das die Verhandlungsunfähigkeit.

Hauptverhandlung und ärztliches Attest über Verhandlungsunfähigkeit

Wenn Angeklagte nicht zur Hauptverhandlung kommen und dem Gericht ein ärztliches Attest übermitteln, in dem der Arzt eine Verhandlungsunfähigkeit attestiert, muss das nicht zwingend dazu führen, dass das Gericht dem folgt. Denn das Gericht kann auch anordnen, dass während eines Gerichtsprozesses ein Arzt anwesend ist, häufige Verhandlungspausen eingelegt werden usw.

Zwangsmaßnahmen wie Vorführung und Haftbefehl zur Durchführung der Hauptverhandlung

Das Gericht kann Zwangsmaßnahmen ergreifen wenn es zu der Auffassung gelangt, der Angeklagte sei nicht genügend entschuldigt (§ 230 Abs. 2 StPO). Das kann in Form des sogenannten Vorführungsbefehls erfolgen. Der Angeklagte wird dann unter Zwang dem Gericht vorgeführt. Dieser ergeht zwecks Sicherstellung des Erscheinens des Angeklagten in der Hauptverhandlung. Noch gravierender ist der Erlass eines Haftbefehls gegen den nicht zur Hauptverhandlung erschienenen Angeklagten. In einem solchen Fall bedarf es dann nicht einmal der sonstigen Voraussetzungen (§112-§113 StPO), die an den Erlass eines Haftbefehls gestellt sind.

Empfehlung Ihrer Rechtsanwälte bei Anberaumung der Hauptverhandlung

Gehen Sie sorgsam mit einer Ladung des Gerichts um, um einer Festnahme zu entgehen. Wenn Angeklagte nicht zur Hauptverhandlung kommen können, kann das gute Gründe haben. Konsultieren und beauftragen Sie uns, diese Gründe zu prüfen und dem Gericht mitzuteilen.

Weitere Informationen

Einen einführenden Artikel zu den Rechten der Angeklagten im Gerichtsverfahren finden Sie hier. Weitere Informationen zur Teilnahme am Gerichtsprozess, zur Beweiserhebung, den Beweismitteln und dem Fragerecht, zur Fragestellung Aussage-gegen-Aussage, zum Verbot der Beweiserhebung, dem Verwertungswiderspruch und der richterlichen Befangenheit finden Sie auf den folgenden Unterseiten.